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SARS-CoV-2: Indische Mutante auf dem Vormarsch

München (ots) – Am 10. Mai hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die sogenannte indische Variante B.1.617 des SARS-Coronavirus-2 als besorgniserregend (variant of concern) eingestuft. Ein passender Anlass, um mal einen genaueren Blick auf diese Virusvariante und die Bedeutung der Einstufung durch die WHO zu werfen.

Noch immer infizieren sich pro Tag durchschnittlich rund 350.000 Menschen in Indien mit dem Coronavirus. Das indische Gesundheitssystem war bereits vor der Pandemie an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Die rasante Ausbreitung von COVID-19 in dem nach China bevölkerungsreichsten Land der Erde kostet in Indien nun täglich unzählige Menschenleben. Dabei trägt auch eine aggressivere Variante des SARS-Coronavirus-2 mit der Bezeichnung B.1.617 ihren Teil zu den verheerenden Zuständen bei. Auch deshalb hat die WHO diese Variante nun in die Kategorie einer besorgniserregenden Variante (variant of concern) hochgestuft.

Variant of interest, variant of concern

Ein SARS-CoV-2-Virusvariante wird als „Variant of interest“ (VOI) bezeichnet, wenn sie im Vergleich zu anderen SARS-CoV-2 Viren in ihrem Erbgut Mutationen aufweist, die mit bekannten oder vermuteten neuen Eigenschaften verbunden sind und die als Ursache für mehrere COVID-19-Fälle oder in mehreren Ländern nachgewiesen wurden.

Zur besorgniserregenden SARS-CoV-2-Variante (variant of concern, VOC) wird eine VOI, wenn durch wissenschaftliche Untersuchungen festgestellt wird, dass sie mit einer Erhöhung der Übertragbarkeit in Zusammenhang steht. Die Zunahme der Krankheitsschwere oder Veränderung des klinischen Krankheitsbildes sind genauso Gründe für eine Einstufung zur VOC, wie eine Verringerung der Wirksamkeit von Diagnostika, Impfstoffen oder Medikamenten.

Schon in Deutschland angekommen

Die SARS-CoV-2 Virusvariante B.1.617 wurde erstmals im Oktober 2020 in Indien beschrieben. Sie hat sich zunächst in der dortigen Bevölkerung stark ausgebreitet und ist mittlerweile, vermutlich durch Reisende, weltweit verbreitet. Genau betrachtet besteht diese Virusvariante aus drei Untervarianten, wobei insbesondere B.1.617.1 und B.167.2 in Großbritannien und auch in Deutschland seit einigen Wochen vereinzelt nachgewiesen wurden. B.1.617 hatte in der letzten Aprilwoche in Deutschland einen Anteil von 1,5 Prozent der Infektionen. B.1.617.3 wurde bislang nur einmal in Deutschland nachgewiesen. Damit ist der Anteil von B.1.617, insbesondere von B.1.617.2 deutlich geringer als in Großbritannien, wo er aktuell in 6 Prozent der sequenzierten Proben gefunden wird.

Vierte Welle?

Wir haben in den letzten Monaten gelernt, dass die Ausbreitung von SARS-CoV-2 von vielen Faktoren abhängt. Einige davon können wir sehr gut durch unser Verhalten beeinflussen. Solange wir noch keinen ausreichend breiten Impfschutz in der gesamten Bevölkerung haben, ist es von großer Bedeutung weiter auf Maßnahmen wie Abstand halten, Maske tragen und Kontaktreduzierung zu achten. Oberstarzt Dr. Roman Wölfel, der Leiter des Institutes für Mikrobiologie der Bundeswehr schätzt die Gefahr so ein: „Auch eine neue Virusvariante kann sich nur verbreiten, wenn man ihr die Gelegenheit dazu gibt. Große Menschenansammlungen, insbesondere in geschlossenen Räumen oder auch Urlaubsreisen durch die Welt, machen es Virusvarianten in jedem Fall sehr leicht, sich in einer nur teilweise geimpften Bevölkerung erneut stark zu vermehren.“ Eine wirklich tragfähige und langandauernde Verbesserung der Situation werde nur durch eine hohe Durchimpfungsrate in allen Bevölkerungsgruppen erreicht werden können, so Dr. Wölfel.

Wirksamer Impfschutz?

Erste Laboruntersuchungen mit Blutseren von Genesenen und Geimpften in Indien haben gezeigt, dass die Variante B.1.617 weiterhin durch die Antikörper in diesen Seren neutralisiert werden konnte. Grundsätzlich kann kein Impfstoff einen 100-prozentigen Schutz bieten und auch mit den bisherigen SARS-CoV-2 Viren konnte es in Einzelfällen trotz Impfung zu einer Erkrankung kommen. Bei einem Ausbruch in einem Pflegeheim in London hatten sich 15 geimpfte ältere Menschen mit B.1.617.2 infiziert. Vier von ihnen mussten mit Symptomen behandelt werden, aber es gab bei keinem von ihnen schweren oder gar tödlichen Verläufe.

Von anderen Viren, wie zum Beispiel den Grippeviren, kennen wir bereits diese Wandlungsfähigkeit von Krankheitserregern. Aus diesem Grund benötigen wir jedes Jahr eine angepasste Grippeschutzimpfung. Ein ähnliches Vorgehen erwartet Oberstarzt Dr. Wölfel auch für die Impfung gegen SARS-CoV-2. „Allerdings wissen wir noch nicht, ob auch hier eine jährliche Anpassung erforderlich ist oder längere Zeiträume ausreichend sein werden“, so Dr. Wölfel.

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