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„Wir suchen das Positive!“ – Muttertag und Vatertag unter ganz besonderen Bedingungen: Häusliche Pflege von Patienten mit Schädel-Hirn-Verletzungen verlangt Familien einiges ab

Bonn (ots) – Es gibt Tage, die Torsten B. und seine Frau mehr Kraft als sonst kosten. Tage, an denen mal wieder ein Stein auf dem Weg der Genesung ihres Sohnes Christian aus dem Weg geräumt werden muss, weil die richtigen Ansprechpartner rar sind – oder sich rar machen. So wie der Neurologe, der die Medikamente für Christian verschreiben müsste, ihn aber vorher sehen möchte. In seiner Praxis. Nächster Termin: Irgendwann im Juli. Und das bei einem jungen Mann mit Schädel-Hirn-Verletzungen, der nach einigen Reha-Aufenthalten jetzt von seiner Familie gepflegt wird. Geht doch nicht, sagt B., auch nicht in Zeiten von Corona. „Wir brauchen die Medikamente jetzt und nicht erst in zwei Monaten. Dabei bekommen wir den Neurologen noch nicht einmal persönlich ans Telefon, wir werden schon von seiner Sprechstundenhilfe abgewimmelt. So etwas finde ich ziemlich enttäuschend.“ Dabei will sich B. eigentlich gar nicht beschweren. Denn in vielen Bereichen greift das deutsche Gesundheitssystem durchaus und ermöglicht eine häusliche Pflege, die natürlich immer eine Herausforderung darstellt. Aber doch auch in einer Krise in weiten Teilen funktioniert.

Der Neurologe Dr. Christoph Kley, Mitglied im Beirat der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung für Menschen mit Schädel-Hirn-Verletzungen und langjähriger Referent bei deren Seminaren für pflegende Angehörige, kennt die Schwierigkeiten gut, die eine häusliche Pflege mit sich bringt. „Das größte Problem ist es, fachliche Ansprechpartner zu finden, die einem in dieser besonderen Situation mit Rat und Tat zur Seite stehen“, sagt er. „Im Krankenhaus und anschließend bei der Reha besteht noch eine gute Versorgung, aber wenn ein Betroffener dann entlassen wird, fehlt ein Netz, das dem Patienten und seinen Angehörigen Halt gibt.“ So werde er oft von Eltern um Hilfe gebeten, die sich um ein verunglücktes Kind kümmern müssten und vor allem in der Übergangsphase unter enormem psychischen und physischen Druck stünden. „Nicht jeder kann das leisten“, sagt er, „aber ich ziehe meinen Hut vor jenen, die sich eine solche Aufgabe zutrauen.“

Auch Familie B. hat sich dafür entschieden, ihren 22-jährigen Sohn selbst zu pflegen. Auslöser war dabei die Corona-Krise: „Vor gut einem Jahr hatte Christian einen schweren Autounfall, lag zunächst im künstlichen Koma und war danach in drei verschiedenen Rehas“, erinnert sich sein Vater. „Wir sind jeden Tag zu ihm gefahren, über 100 Kilometer waren es zuletzt. Dann aber sollten die Besuchsmöglichkeiten wegen der Pandemie eingeschränkt werden, so dass wir Christian nicht länger bei seiner Genesung hätten unterstützen können. Also haben wir ihn nach Hause geholt.“ Dort wechseln sich die Eltern, Christians Bruder und ein guter Freund bei der Betreuung ab; außerdem kommen selbst in der Corona-Zeit verschiedene Therapeuten und ein Pflegedienst zu den Bs. Nur der Neurologe fehlt noch. „Wir sind jetzt in der sechsten Woche und erstaunlicherweise läuft fast alles“, sagt Torsten B. „Dabei sind wir in der Familie alle Amateure. Aber wir bleiben am Ball, und auch Christian ist willig und motiviert. Natürlich ist das alles mitunter hart, wenn man mal wieder auf Widerstände stößt oder bei der Krankenkasse jedes Mal die Krankengeschichte erzählen muss, weil immer ein anderer Ansprechpartner zuständig ist. Aber wir versuchen, das Positive zu sehen – und das ist, dass es Christian beständig besser geht.“

Die Corona-Krise hat dabei nach Ansicht von Dr. Kley kaum Auswirkungen auf die Versorgung der Betroffenen. „Am Anfang haben viele therapeutische Dienste aus der Unsicherheit heraus zunächst keine Hausbesuche durchführen können, doch inzwischen hat sich die Situation meines Wissens normalisiert. Und in der Pflege habe ich ohnehin keine Ausfälle erlebt: Da sind die Pflegerinnen aus dem Ausland kurzerhand länger geblieben, weil sie bei Rückkehr in ihre Heimat in Quarantäne gemusst hätten.“ Und wenn es doch mal einen Notfall gibt? „Dann sollte man versuchen, sich an die Krankenhäuser zu wenden oder an Institutionen wie die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, die Betroffene und ihre Angehörigen in allen Bereichen beraten und zum Teil auch gezielt unterstützen kann.“ So lassen sich selbst Pandemien überstehen. „Ich muss gestehen, am Anfang habe ich mir schon Sorgen gemacht“, sagt Kley. „Aber zumindest in meinem Blickfeld hat es bislang keine Katastrophen bei der medizinischen und therapeutischen Versorgung von Schädel-Hirn-Geschädigten gegeben.“

In Deutschland werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes über 2 Millionen Menschen von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt – vielfach rund um die Uhr, jeden Tag. Ohne sie geht es nicht. Um die pflegenden Angehörigen zuverlässig zu begleiten, hat die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung die Beratungszeiten seit Anfang Mai ausgeweitet. Jeden Mittwoch ist das multiprofessionelle Beratungsteam jetzt bis 20.00 Uhr bei allen Fragen zum Thema Schädel-Hirn-Verletzungen telefonisch unter der 0228 97845-52 erreichbar. (https://www.hannelore-kohl-stiftung.de/stiftung/beratungsteam/)

Auch bei Seminarwochenenden der ZNS Akademie (https://www.zns-akademie.de/programm/angehoerige/) , die auf die besonderen Fragestellungen und Bedürfnisse von Angehörigen schädel-hirn-verletzter Menschen ausgerichtet sind, erhalten sie Entlastung von ihrem Pflegealltag, praktische Hilfestellung und Rat. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Pressekontakt:

Helga Lüngen
ZNS – Hannelore Kohl Stiftung
Fontainengraben 148
53123 Bonn
Tel. 0228 97845-0
presse@hannelore-kohl-stiftung.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/54792/4590101
OTS: ZNS – Hannelore Kohl Stiftung

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