Düsseldorf (ots) –
2022 erleben wir einen weiteren trockenen, heißen Sommer. Flüsse führen wenig Wasser, Böden trocknen aus, es drohen Ernteverluste. Ob Bewässerung wirklich die Lösung ist, verrät Dr. Katrin Drastig vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Biookonomie e.V.
Wie kann die Landwirtschaft am besten mit Dürresommern umgehen? Ist Bewässerung die Lösung? „Trockenheit ist für Kartoffeln, Zuckerrüben und Braugerste besonders problematisch. Auch wasserhaltige Produkte wie Obst und Gemüse sowie Blumen und Zierpflanzen reagieren bei Trockenheit sehr empfindlich mit Qualitätsverlusten“, sagt Katrin Drastig auf vdi.de. Getreide kann laut der Expertin zeitweiligen Trockenstress in einzelnen Entwicklungsphasen gut kompensieren. „Aber wenn der Niederschlag wie in diesem Sommer zu lange ausbleibt, lohnt sich in einigen Regionen Deutschlands sogar die Beregnung von Winterweizen.“
Welche Bewässerungssysteme gibt es in Deutschland?
In Deutschland sind mobile Beregnungsmaschinen, die sogenannten „Wasserkanonen“, am weitesten verbreitet. Sie sind bei noch vertretbaren Kosten flexibel einsetzbar . „Allerdings machen die notwendigen hohen Wasserdrücke von 7-9 bar das Verfahren energieintensiv. Pro mm Beregnungswasser bei 50 m³/h Wasserförderung muss 1 l Dieselkraftstoff eingesetzt werden“, erklärt Drastig. In Ostdeutschland mit seinen großen Feldeinheiten sind zunehmend die, durch hohen Grad der Automatisierung, kostengünstigen Kreisberegnungsmaschinen im Einsatz. Diese teilmobile Beregnungstechnik braucht im Vergleich zu den zuvor genannten Starkregnern weniger Energie. Im Gartenbau wird aktuell meist die oberirdische, wassersparende Tropfbewässerung eingesetzt.
Wie digital sind die Bewässerungstechniken? „Aktuell ist eine Transformation der Bewässerung in Deutschland hin zur Digitalisierung und Automatisierung von Bewässerungssystemen, zu Präzisionsbewässerung bzw. teilflächenspezifischer Bewässerung zu verzeichnen . Zunehmend kommen auch, teilweise mit Sensorik ausgestattet, Bewässerungssteuerungssysteme zum Einsatz, die es möglich macht, die effektiven Wassergaben zu ermitteln“, so die Expertin vom Leibniz-Institut.
Ist Landwirtschaft mit Bewässerung noch wirtschaftlich?
Mit zunehmendem Auftreten und stärkerer Ausprägung von Trockenjahren steigt die Beregnungswürdigkeit sowohl bereits beregneter Standorte als auch solcher, die bislang mit der Niederschlagsmenge zurechtkamen. „Ob eine Bewässerung wirtschaftlich ist, hängt auch ab von der Entwicklung der Kosten für Wassermanagementsysteme sowie der Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktpreise. Ein steigendes Produktpreisniveau könnte eine Bewässerung für einige Fruchtarten und Standorte rentabel machen, während fallende Preise zum Verlust der Rentabilität auf Grenzstandorten führen“, schätzt Drastig gegenüber dem VDI ein.
Für Winterroggen und Silomais ist die Beregnung weder aktuell noch bei einem Preisanstieg von bis zu 20% rentabel, während Beregnung für Kartoffeln sogar bei einer Preisminderung von bis zu 20% auf 97% der Flächen rentabel bleibt .
Angesichts der aktuell hohen Dieselpreise wandelt sich zudem das Bewusstsein hin zu mehr Energieeffizienz und zum Energiesparen in der Landwirtschaft. Alternative Energieträger wie Solartechnik, Windenergie etc. könnten einen bedeutenden Beitrag leisten, um hier die Unabhängigkeit von fossiler Energie für den Betrieb von Pumpen in der Bewässerung zu erhöhen.
74% des Bewässerungswassers in Deutschland stammen aus dem Grundwasser, etwa 13% aus Oberflächengewässern, also Speichern, Seen und Fließgewässern. Weitere etwa 12 % stammen aus öffentlichen oder privaten Versorgungsnetzen, also Trinkwassernetzen. Spitzenreiter ist hier das Bundesland Rheinland-Pfalz, das 72% des Wassers aus dem Trinkwassernetz nimmt.
Verbesserte Ausnutzung des Niederschlagswassers: Ackerbauliche Maßnahmen
Zu den ackerbaulichen Maßnahmen, die eine verbesserte Ausnutzung des Niederschlagswassers und auch des Bewässerungswassers ermöglichen können, zählen unter anderem:
– Fruchtfolgen und Zwischenfrüchte optimieren
– Bodenbearbeitung: insbesondere Aufrauen der Oberfläche bzw. Aufbrechen von Krusten, um eine bessere Infiltration des Niederschlagswassers zu ermöglichen
– hohe Bestandsdichte: Ziel ist eine schnelle und lückenlose Bodenbedeckung und tiefe Durchwurzelung
– möglichst früh und zügig sähen, Saatgut eventuell vorkeimen, um der Frühjahrstrockenheit zu begegnen.
– Humuswirtschaft: Ausbringen organischer Substanz, Mulchen, um die Evaporation von der Bodenoberfläche zu vermindern
– Wahl trockenheitstoleranter Sorten bzw. von Sorten mit hoher Transpirationseffizienz
Katrin Drastig betont jedoch: „Es besteht weiterhin dringender Forschungsbedarf zum Einsatz wassersparender (Bewässerungs-)Techniken und auch zur verbesserten Ausnutzung des Niederschlagswassers. Wir brauchen mehr Studien zur Bewertung von Maßnahmen für ein verbessertes Wassermanagement in der deutschen Landwirtschaft. Aktuell arbeiten wir beispielsweise in der Arbeitsgruppe „Wasserproduktivität in der Landwirtschaft“ am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) daran, die Produktivität des technischen Wassers und des Niederschlagswassers im landwirtschaftlichen Betrieb zu verbessern.“
Weitere Informationen sowie Quellennachweise unserer Statement-Geberin finden Sie auf vdi.de. (https://ots.de/AX2JyO)
Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Andreas Herrmann
VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik (https://www.vdi.de/tg-fachgesellschaften/max-eyth-gesellschaft-agrartechnik)
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