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Alles dicht, oder nicht? / Urteile deutscher Gerichte zum Thema Wärmedämmung

Berlin (ots) –

Kaum ein Thema ist angesichts gestiegener Gas- und Ölpreise und der Debatte um den Klimaschutz wichtiger als das Energiesparen. Unter anderem kann das durch eine fachgerechte Wärmedämmung geschehen. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe entsprechende Urteile deutscher Gerichte gesammelt. Die Spannbreite reicht vom Gerüstaufbau bis zum verringerten Lichteinfall nach erfolgter Dämmung und Verkleinerung der Fensterflächen.

Nicht immer profitieren alle Einheiten einer größeren Wohnanlage von der erfolgten Wärmedämmung. Eine Dachgeschosswohnung gehörte zum Gesamtobjekt, grenzte aber nicht an die gedämmten Bereiche, trotzdem erhielt die Mieterin wegen der Wärmedämmung eine Mieterhöhung. Sie hielt den Aufschlag für unzulässig und wehrte sich dagegen. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 63 S 277/18) schloss sich dieser Meinung an. Es sei unbillig, jemanden zur Kasse zu bitten, der gar nichts von den Maßnahmen habe.

Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Wärmedämmung: Ein Nachbar muss einen daraus resultierenden Überbau nicht dulden, wenn mit vertretbarem Aufwand auch eine Innendämmung möglich wäre. So urteilte das Bayerische Oberste Landesgericht (Aktenzeichen 1 ZRR 4/19). Man könne nicht davon ausgehen, dass eine Außendämmung einen grundsätzlichen Vorrang habe. Es komme auf die konkrete Situation vor Ort an, die hier eben Alternativen ohne Rückgriff auf das Nachbargrundstück geboten hätte.

Anders ist es, wenn bei einem Bestandsgebäude die nachträgliche Wärmedämmung nur durch einen zumutbaren und geringfügigen Überbau zu erreichen ist. Dann hat der Nachbar dies hinzunehmen, wie der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 115/20) feststellte. Dieses Grundsatzurteil hat eine entscheidende Bedeutung im Zusammenhang mit der Dämmung und wird häufig zitiert, weswegen der Infodienst Recht und Steuern der LBS hier noch einmal daran erinnert, nachdem er bereits in einer früheren Ausgabe ausführlich darüber berichtet hatte.

Auch in einem zweiten Fall erlaubte das höchste deutsche Gericht den nachträglichen Überbau der Grundstücksgrenze zu Gunsten der Wärmedämmung. Umstritten war hier, ob die großzügige Berliner Landesvorschrift, die im Gegensatz zu anderen Bundesländern keine weitergehenden Prüfpflichten versieht, noch verfassungsgemäß sei. Der BGH (Aktenzeichen V ZR 23/21) äußerte zwar Bedenken, weil die Interessen der Nachbarn kaum berücksichtigt würden, wollte aber nicht so weit gehen, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Das Aufstellen eines Baugerüsts müssen Mieter nicht immer und unter allen Umständen hinnehmen. Wenn der Vermieter ganz konkret eine solche Maßnahme plant, stellt das eventuell schon eine Besitzstörung dar, gegen die man sich rechtlich zur Wehr setzen kann (zum Beispiel mit einer Klage auf Unterlassung). Wenn jedoch das Baugerüst für Modernisierungsarbeiten wie die Wärmedämmung oder den Neubau von Wohnungen aufgestellt wird, dann ist diese Besitzstörung nach Ansicht des Landgerichts Berlin (Aktenzeichen 65 S 424/15) nicht gegeben. Zudem war hier nur das in wirtschaftlicher Einheit stehende Nachbargebäude betroffen.

Ein Mieter verlangte von seinem Vermieter einen Kostenvorschuss für das Anbringen einer Wärmedämmung. Dadurch sollten sogenannte Wärmebrücken (durchlässigere Gebäudeteile) beseitigt werden, die unter anderem die Schimmelbildung ermöglichen. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 271/17) sah in den Wärmebrücken keinen Sachmangel. Die Immobilie entspreche den zur Bauzeit – Ende der 60er Jahre – geltenden Vorschriften und technischen Normen. Genau diese Maßstäbe seien aber zu berücksichtigen.

Es kann auch eine ordnungsgemäße Dämmungsmaßnahme im Sinne einer Mieterhöhung darstellen, wenn die oberste Geschossdecke über beheizten Räumen gedämmt wird. Dies ist nach Einschätzung des Amtsgerichts Coesfeld (Aktenzeichen 11 C 134/16) mit einer Wärmedämmung des Daches gleichzustellen. Hier konnte sich der Eigentümer mit seinem Verlangen nach Mieterhöhung durchsetzen.

Wenn Eigentümer beim Einbau eines Aufzuges an einer Altbaufassade eine Wärmedämmung mit dem feuergefährlichen Stoff Polystyrol planen, dann müssen die Mieter das hinnehmen. Zwar sieht auch das Amtsgericht Berlin-Mitte (Aktenzeichen 17 C 158/16) „erhebliche Nachteile“ dieses Dämmstoffes, aber so lange der Gesetzgeber ihn zulasse, könne sich das Gericht nicht darüber hinwegsetzen. Die wärmedämmenden Eigenschaften des Materials seien „unstreitig gegeben“.

Wer ein Wohnhaus verkauft, der muss den Käufer auf versteckte Mängel wie eine unzureichende Dämmung des Daches hinweisen. In einem konkreten Fall war zwar die Mängelhaftung vertraglich ausgeschlossen. Das änderte der Rechtsmeinung des Landgerichts Frankenthal (Aktenzeichen 6 O 129/21) nach nichts daran, dass die Probleme bei der Dämmung hätten erwähnt werden müssen. Allerdings muss der Käufer den Nachweis liefern, dass dem Verkäufer die Mängel bekannt waren.

Den Klimaschutz und das Energiesparen in allen Ehren – die Rechte der Mieter dürfen trotzdem nicht durch Umbaumaßnahmen über Gebühr strapaziert werden. Ein Eigentümer wollte unter anderem die Bäder sanieren und eine Wärmedämmung aufbringen. Der Mieter sollte deswegen seine Wohnung monatelang verlassen. Das hielt das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 65 S 301/15) für eine derart gravierende Einschränkung, dass es nicht mehr zumutbar sei.

Selbst wenn die Wohnung eines Mieters angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu groß ist, so schließt das nach durchgeführter Modernisierung (unter anderem Dämmung der Fassade) nicht automatisch aus, dass er unzumutbare Härte geltend machen kann. Sämtliche Umstände des Einzelfalls müssen berücksichtigt werden, darunter auch die Verwurzelung des Mieters und seine gesundheitlichen Bedürfnisse. Im Falle einer unbilligen Härte kann der Vermieter eine Mieterhöhung nach Überzeugung des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen VIII ZR 21/19) nicht verlangen.

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Dr. Ivonn Kappel
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