Mönchengladbach (ots) –
Der Bundesgerichtshof hat für den 21. November 2022 ein Dieselverfahren gegen die Volkswagen AG wegen Dieselgate 2.0 einberufen. Sollte bis dahin eine vielerwartete Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Dieselabgasskandal vorliegen, sollen die sich aus einer solchen Entscheidung möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht auf höchstrichterlicher Ebene erörtert werden.
Die Auffassung des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofs EuGH vom 2. Juni 2022 (Az.: C 100/21) im Dieselabgasskandal könnte große Auswirkungen auf die weitere Rechtsprechung haben. In seinen Schlussanträgen in dem Dieselverfahren verdeutlichte der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos, dass Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz hätten, wenn in ihren Fahrzeugen ein sogenanntes Thermofenster verbaut sei. Ein Thermofenster stellt aus EuGH-Sicht eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Das Thermofenster kommt bei der Abgasrückführung zum Einsatz, wonach die Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen zurückgefahren wird.
Aktuelles Beispiel für diese möglichen Auswirkungen: Der Bundesgerichtshof hat für 21. November 2022 ein Dieselverfahren gegen die Volkswagen AG wegen Dieselgate 2.0 einberufen. Dabei soll nicht nur über die Rechte eines geschädigten Verbrauchers entschieden werden. Sollte die vielerwartete Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Dieselabgasskandal bis dahin vorliegen, soll auch Gelegenheit die sich aus einer solchen Entscheidung möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht zu erörtern, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 1. Juli 2022.
„Das wäre ein Paukenschlag in der Dieselskandal-Rechtsprechung, weil dann das Vorliegen eines Thermofensters als generell unzulässige und schadensersatzauslösende Abschalteinrichtung bestätigt werden könnte. Das würde Dieselverfahren reihenweise vereinfachen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (http://www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Der Hintergrund des Verfahrens: Der Kläger verlangt von der beklagten Volkswagen AG Schadensersatz wegen eines von ihr hergestellten VW Passat Alltrack 2.0 l TDI, der mit einem Motor des Typs EA288 mit der Abgasnorm Euro 6 (Dieselgate 2.0) ausgerüstet ist. Der Kläger erwarb das im Juli 2016 erstmals zugelassene Fahrzeug am 15. November 2017 von einer Fahrzeughändlerin. Zu diesem Zeitpunkt wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 21.467 Kilometer auf. Der Kaufpreis von 41.210 Euro wurde durch ein Darlehen finanziert.
„Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, sie im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag und den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen, weil die Abgasrückführung in Abhängigkeit von der Temperatur durch ein Thermofenster erfolgt und ferner eine Fahrkurvenerkennung installiert sei“, sagt Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs. Zwar könne in dem Inverkehrbringen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehenen Fahrzeugs eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung liegen, die einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB gegen die Herstellerin begründen könne. Auf seine Behauptung, die Beklagte habe das von ihm erworbene Fahrzeug mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet, könne der Kläger seine Ansprüche jedoch nicht mit Erfolg stützen, weil der Berücksichtigung seines Vorbringens „die Tatbestandswirkung der uneingeschränkt gültigen EG-Typgenehmigung des Fahrzeugs“ entgegenstehe.
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