München (ots) –
Allein in Deutschland leben knapp drei Monate nach Beginn des Krieges hunderttausende geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. SOS-Kinderdorf betreut in seinen Einrichtungen ukrainische Kinder und ihre Mütter und beobachtet, dass die meisten Kinder nach ihrer Ankunft neue Traumata durchleben müssen: „Viele geflüchtete Kinder stehen täglich im Austausch mit ihren Vätern oder Lehrern, die noch in der Ukraine sind. Dies hilft ihnen, wichtige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Allerdings stellt es auch eine andauernde Retraumatisierung für sie dar. Täglich sehen sie, was der Krieg in ihrer Heimat anrichtet und wie er das Leben ihrer engsten Bezugspersonen in Gefahr bringt. In den Köpfen der geflüchteten Kinder geht der Krieg weiter. Wir müssen ihnen helfen, damit sie unter diesem Druck nicht zusammenzubrechen oder gar Schuldgefühle entwickeln, weil sie in Sicherheit sind, während andere in Lebensgefahr schweben“, erklärt Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf e.V.
Ihre Kollegin Ina Franzkewitz, Einrichtungsleiterin des SOS-Kinderdorfs Frankfurt, weiß aus der täglichen Arbeit mit den Geflüchteten: „Vier Dinge brauchen die geflüchteten Menschen jetzt am dringendsten: eine sichere Grundversorgung, Ansprechpersonen, die für sie da sind, eine sinnvolle Alltagsgestaltung und eine Zukunftsperspektive.“ Für von Krieg und Konflikt traumatisierte Kinder sind vor allem das Erleben von Sicherheit und verlässliche zwischenmenschliche Beziehungen hilfreich, um perspektivisch wieder eine unbeschwerte Kindheit erfahren zu können.
Geflüchtete Kinder mit Beeinträchtigungen besonders in den Blick nehmen
Die besonderen Bedürfnisse der Kinder, die Krieg und Flucht erlebt haben, müssen ernst genommen werden. Dies ist vor allem für Kinder mit Beeinträchtigungen von höchster Wichtigkeit. Sie brauchen ganz besondere professionelle und kindgerechte Angebote, um ihre Erfahrungen zu verarbeiten. „Die UN-Kinderrechtskonvention erkennt das Recht auf Förderung und besondere Betreuung von Kindern mit Behinderung explizit an. Sie brauchen hier bei uns schnellstmöglich passgenaue Bildungsangebote, eine sichere Versorgung mit kind- und behindertengerechtem Wohnraum, Nahrung, Kleidung und natürlich Zugang zu medizinischen und psychosozialen Dienstleistungen“, verweist Schutter auf diese besonders vulnerable Gruppe von geflüchteten Kindern.
Flüchtlinge aus anderen Weltregionen nicht vergessen
Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni fordert SOS-Kinderdorf, auch das Schicksal anderer Geflüchteter nicht zu vergessen: „Junge Menschen aus Afghanistan oder Syrien fliehen ebenfalls vor Gewalt und Tod. Ihre Aufnahme in Europa ist jedoch um ein vielfaches komplizierter: egal ob es um ihren Aufenthaltsstatus, um Arbeitsmöglichkeiten oder Zugang zu Bildung geht, Geflüchtete aus Asien, Afrika oder dem Nahen Osten werden strukturell benachteiligt“, so die Vorstandsvorsitzende.
Der SOS-Kinderdorf e.V.: SOS-Kinderdorf bietet Kindern in Not ein Zuhause und hilft dabei, die soziale Situation benachteiligter junger Menschen und Familien zu verbessern. In SOS-Kinderdörfern wachsen Kinder, deren leibliche Eltern sich aus verschiedenen Gründen nicht um sie kümmern können, in einem familiären Umfeld auf. Sie erhalten Schutz und Geborgenheit und damit das Rüstzeug für ein gelingendes Leben. Der SOS-Kinderdorfverein begleitet Mütter, Väter oder Familien und ihre Kinder von Anfang an in Mütter- und Familienzentren. Er bietet Frühförderung in seinen Kinder- und Begegnungseinrichtungen. Jugendlichen steht er zur Seite mit offenen Angeboten, bietet ihnen aber auch ein Zuhause in Jugendwohngemeinschaften sowie Perspektiven in berufsbildenden Einrichtungen. Ebenso gehören zum SOS-Kinderdorf e.V. die Dorfgemeinschaften für Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. In Deutschland helfen in 38 Einrichtungen insgesamt rund 4.600 Mitarbeitende. Der Verein erreicht und unterstützt mit seinen über 800 Angeboten rund 83.500 Menschen in erschwerten Lebenslagen in Deutschland. Darüber hinaus finanziert der deutsche SOS-Kinderdorfverein 91 Programme in 22 Fokusländern und ist in 110 Ländern mit Patenschaften aktiv.
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