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Auf dem Weg zur Demokratie durch Digitalisierung: E-Government in Usbekistan soll Bürokratie besiegen und Korruption beseitigen

Düsseldorf/Taschkent (ots) – Eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passt, und alle Behördengänge, vom Reisepass bis zur Autoanmeldung oder Erbschaftsabwicklung, die man an einem Schalter erledigen kann. Davon träumen wahrscheinlich Bürgerinnen und Bürger auf der ganzen Welt. Politiker in allen Ländern versprechen gerne, dies bei sich einzuführen.

In der Realität müssen die Menschen jedoch weiterhin eine Menge Papiere, Stempel und Unterschriften sammeln, um erforderliche Dokumente zu erhalten. Selbst die hochentwickelten EU-Länder im Zeitalter der Digitalisierung sind hier noch keine große Ausnahme. Von den Entwicklungsländern ganz zu schweigen, würde man meinen. Dies ist jedoch keine richtige Schlussfolgerung. Jedenfalls nicht, was Usbekistan anbelangt – einen zentralasiatischen Staat, der am 1. September seinen 30. Unabhängigkeitstag feierte. Denn genau 1991 erlangte die ehemalige Unionsrepublik seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Wer dieses Land nur mit schönen Landschaften und der antiken Geschichte der Seidenstraße verbindet, wird sehr überrascht sein. Usbekistan hat sich seit dem Amtsantritt von Präsident Shavkat Mirziyoyev im Jahr 2016 im rasanten Tempo in Richtung Säkularisierung und Demokratisierung entwickelt. Eine ganze Reihe radikaler politischer Reformen soll das Land in jeder Hinsicht nach vorne bringen. Die Entwicklungsstrategie zielt auf eine Modernisierung und Liberalisierung aller Lebenssphären ab und beinhaltet fünf grundlegende Schwerpunkte, die sämtliche Lebensbereiche vom Verhältnis von Staat und Gesellschaft bis zu Wirtschaft und Rechts- und Justizwesen betreffen.

Unter dem Motto „Nicht das Volk muss dem Staat dienen, sondern der Staat müssen dem Volk dienen“ wird das bürokratische System umgekrempelt. Die Entwicklungsstrategie setzt den gesamten Staatsapparat in Bewegung. Im Mittelpunkt dieses Wandels steht die Digitalisierung, die es den Bürgern ermöglicht, öffentliche Dienstleistungen auf Knopfdruck zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden im Land die so genannten Public Service Centers (PSC) eingerichtet. Mehr als 150 Arten von Dienstleistungen stehen den Bürgern bereits über diese Zentren zur Verfügung.

Dank der schrittweisen Einführung des neuen Systems wurden mehr als 70 öffentliche Dienstleistungen vereinfacht, die Zahl der erforderlichen Dokumente halbiert und überflüssige Verwaltungsverfahren abgeschafft. Mit anderen Worten: Alle Arten von Bürokratie, die durch langwierige Genehmigungen bei staatlichen Stellen verursacht werden, wurden beseitigt. Bequemlichkeit, Zeit- und Kostenersparnisse – der Vorteil solcher Zentren liegt auf der Hand. „Ich lebe sehr weit von Taschkent entfernt, im Bezirk Muynak in Karakalpakstan. Dies ist die am weitesten entfernte Region Usbekistans“, erzählt uns Gulnara Jusupowa, eine 40-jährige Hausfrau. „Vor kurzem hat man bei uns ein PSC eröffnet. Wir haben neue Wasserzähler in unserer Wohnung installieren lassen und mussten den ganzen Papierkram erledigen. Dort habe ich alles in wenigen Minuten erledigt, die Mitarbeiter des Zentrums haben mir alles erklärt, und ich konnte das Geld sofort bezahlen. Das war sehr praktisch“.

Die PSC haben aber noch ein weiteres wichtiges Ziel: Sie sollen Korruption verhindern, indem sie den Kontakt zwischen den beiden Parteien minimieren. „Früher war es schwierig und zeitaufwändig, eine staatliche Registrierung als Unternehmer zu erhalten“, meint Shahribanu Allayar kyzy aus Taschkent, die ihre GmbH direkt in einem PSC registrieren konnte. „Man musste mit langen Schlangen rechnen, Menschen standen stundenlang in den Fluren. Jetzt wurde das neue Zentrum gebaut, wo alles für die Besucher eingerichtet ist. Hier gibt es ein elektronisches Warteschlangensystem, deine Nummer wird auf vier Monitoren angezeigt, 10 Empfangsschalter sind gleichzeitig offen. Noch vor einigen Jahren hätte ich für mein Anliegen bei mehreren Behörden Anträge stellen und die entsprechenden Unterlagen zusammenstellen müssen. Heute gehe ich mit meinem Pass zu einem PSC, leiste eine Zahlung und das wars. Und das alles in 10 bis 15 Minuten“.

„Die Arbeit in den Zentren ist zeitlich geregelt und das Umfeld menschenfreundlich. Ich würde sie als „intelligentes Büro“ bezeichnen, in dem es möglich ist, Dienstleistungen mit nur einer Berührung zu erhalten. Die Schaffung der so genannten Besucher-Komfort-Zone und die Einbeziehung eines neuen Selbstbedienungsareals haben das Qualitätsniveau und die Schnelligkeit automatisierter Dienstleistungen erhöht und damit eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Images der staatlichen Einrichtung gespielt. Daraus ergeben sich Transparenz und Objektivität. Außerdem hat der Beamte kein persönliches Interesse an der Unterstützung bei der Lösung eines Problems“, erklärt Ulugbek Mukhammadiev, Direktor der staatlichen Dienstleistungsagentur des Justizministeriums der Republik Usbekistan.

Die Reformen in diesem Sektor verpflichten die Beamten zu einer stärkeren Dienstleistungsorientierung und zu mehr Bürgernähe, was wiederum das politische Klima positiv beeinflusst. Deshalb ist die Umgestaltung der staatlichen Institutionen und der Mechanismen zur Erbringung von Dienstleistungen für die Bürger eine der wichtigsten Komponenten der ambitionierten Entwicklungsstrategie, die Prozesse der Erneuerung des Landes definiert.

Der Präsidenten und die Regierung Usbekistans achten sehr darauf, dass die öffentlichen Dienstleistungen den internationalen Standards entsprechen. Dafür braucht das Land internationale Expertise. Man wagte den bisher einmaligen Schritt und holte einen westlichen Experten zur Unterstützung des Reform- und Innovationsprozesses in die Regierung. Der deutsche Staatsbürger Karsten Heinz wurde im Juli 2018 per Präsidialdekret zum Hochrangigen Berater im Rang des stellvertretenden Ministers für Innovationsentwicklung ernannt. Die Wahl fiel nicht zufällig auf Karsten Heinz. Der als Experte für die GUS-Staaten und Russland geltende Deutsche war viele Jahre für das Bundesbildungsministerium tätig, unter anderem als Leiter des Referats für Bildung und Wissenschaft an der Deutschen Botschaft Moskau.

Bislang gibt es landesweit 207 PSC und 129 Zweigstellen in abgelegenen Gebieten, und ihre Reichweite nimmt zu, aber die notwendige Digitalisierung ist in den meisten staatlichen Einrichtungen noch nicht vollständig abgeschlossen. Deswegen ruhen sich die usbekischen Behörden nicht auf Lorbeeren aus, sondern treiben die Prozesse in diesem Sektor voran. Im Juli dieses Jahres wurde der Erlass des Staatsoberhauptes „Über Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur für die Erbringung staatlicher Dienstleistungen und zur Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu öffentlichen Dienstleistungen“ verabschiedet. Das Dokument zielt im Wesentlichen darauf ab, die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Arbeit von Behörden auszuweiten. Das Ziel ist weniger Bürokratie, was man unter anderem durch die Überwindung veralteter bürokratischer Verfahren, einschließlich der Beantragung von verschiedenen Bescheinigungen erreicht. Bei den Menschen kommt dieser Trend auf jeden Fall gut an.

In Usbekistan wurde vor kurzem eine behördenübergreifende Integrationsplattform, E-Government, geschaffen. Über diese Plattform können Behörden und Organisationen selbst die erforderlichen Dokumente und Informationen anfordern, die z. B. bei der Bewerbung um eine Stelle notwendig sind. Auf diese Weise müssen die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr ihre Zeit vergeuden und sich in Warteschlangen anstellen. Im Rahmen der Entwicklung von E-Government sind bis 2022 104 Projekte zur Umsetzung geplant, und es wird angestrebt, den Anteil der E-Government-Dienste auf 60 Prozent zu erhöhen.

Besonderer Beliebtheit erfreut bei den Usbekistaner das einheitliche Online-Portal für interaktive öffentliche Dienstleistungen, besser als „Gov.uz“ bekannt, was ein Projekt von E- Government ist. Die Zahlen sprechen hier für sich. Wenn 2018 2,4 Millionen öffentliche Dienstleistungen über Gov.uz erbracht wurden, so stieg diese Zahl im Jahr 2019 bereits auf 5,8 Millionen. Im Jahr 2020 waren es schon 9,8 Millionen. Durch die Registrierung auf der Website von Gov.uz lassen sich die meisten Behördengänge mit einem Mauseklick erledigen, die früher viel Zeit in Anspruch genommen haben. Eine Kreditauskunft oder die notwendigen Informationen über die Rente einholen, einen Arzttermin vereinbaren, ein Kind im Kindergarten anmelden, sich an einem Wohnort anmelden, eine Heiratsurkunde oder eine Wohnungsbescheinigung erhalten und sogar einen Katasterpass bekommen oder die Grundsteuer errechnen – all das kann man von zu Hause machen. Insbesondere während der Covid-19 Pandemie hat sich die Möglichkeit den „Papierkram“ online zu erledigen als mehr als relevant erwiesen! Übrigens einen Termin für die Covid-19-Impfung kann man auch auf der Website von Gov.uz vereinbaren.

Der Erfolg von Gov.uz ist vor allem damit zu erklären, dass die Dienstleistungen, die man über Portal bekommen kann, für Menschen richtig relevant sind. So werden heute bereits 257 verschiedene Dienste über das Gov.uz angeboten. 143 davon sind kostenlos. Bis Ende dieses Jahres soll ihre Zahl auf 300 steigen. Die durchgeführten E-Government-Projekte haben also zu greifbaren Ergebnissen geführt und die Vorteile der digitalen Reformen in Usbekistan sind offensichtlich.

Eines ist auf jeden Fall sicher – Usbekistan steht an der Schwelle zu einem neuen digitalen Wandel, der das Land zu mehr Demokratie führen soll.

Erhard Hoffmann

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