Düsseldorf (ots) – Die Pandemie wird für Europas Banken zur Belastungsprobe. Laut dem „European Retail Banking Radar 2021“ der globalen Unternehmensberatung Kearney schreibt jede zehnte Bank Verluste. Der durchschnittliche Gewinn pro Kunden ging 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurück. 70 Prozent der Banken erzielten nur magere 100 Euro durchschnittlichen Gewinn pro Kunden. Damit steigt der Druck auf die Banken, die Kosten weiter zu senken. Bei der Profitabilität sind die deutschen Banken nur noch Schlusslicht.
Wie stehen Europas Banken nach der Pandemie da? Diese Frage untersucht der „European Retail Banking Radar 2021“ der globalen Unternehmensberatung Kearney. Analysiert wurde die Performance von 89 Privatkundenbanken in 22 Ländern, darunter 51 Banken in Westeuropa und 38 Banken in Osteuropa. „Es besteht kein Zweifel, dass die Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Banken hatte. Die Folgen waren aber weniger schwerwiegend als noch im Vorjahr prognostiziert. Dafür verantwortlich sind die Hilfsprogramme und die Lehren, die aus der Finanzkrise gezogen wurden“, erklärt Daniela Chikova, Partnerin Financial Services bei Kearney und Autorin der Studie. Chikova: „Wir gehen davon aus, dass die europäischen Banken innerhalb von drei bis fünf Jahren wieder zur Performance von vor COVID-Zeiten zurückkehren werden. Um die Rentabilität zu steigern, müssen in dieser Zeit die Kosten um 35 bis 45 Milliarden Euro gesenkt werden.“
Jede zehnte Bank schreibt Verluste
Die Pandemie hinterlässt tiefe Spuren in der Bank-Performance. So stieg die Risikovorsorge gemessen am Umsatz 2020 im Durchschnitt auf 14 Prozent und damit auf das höchste Niveau seit der globalen Finanzkrise. Trotzdem meldete jede zehnte Bank einen Verlust und der durchschnittliche Gewinn pro Kunden ging um 30 Prozent zurück. Insgesamt erzielten 70 Prozent der Banken einen durchschnittlichen Gewinn pro Kunden von unter 100 Euro; im Vorjahr war dies nur bei 40 Prozent der Banken der Fall.
Darüber hinaus schrumpften die Einnahmen der Geschäftsbanken in 19 der 22 analysierten Länder verglichen mit 2019, wobei die britischen Banken mit zehn Prozent den höchsten Rückgang verzeichneten.
In den letzten fünf Jahren implementierten viele Banken weitreichende Sparprogramme. Im gesamten Bankensektor sank die Anzahl der Mitarbeiter um neun Prozent und die Anzahl der Filialen schrumpfte um 19 Prozent. Betrachtet man die Performance einzelner Banken genauer, dann trennten sich die obersten 20 Prozent von 16 Prozent ihrer Mitarbeiter, reduzierten die Anzahl ihrer Filialen um 26 Prozent und verbesserten ihre Cost-Income-Ratio (Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag als Kennzahl für Rentabilität und Kosteneffizienz) von 65 auf 60 Prozent. Bei den unteren 20 Prozent der Banken stieg die Cost-Income-Ratio von 53 auf 68 Prozent – eine deutliche Leistungsschwäche.
Rote Laterne für deutsche Banken
Hohe Kosten belasten die Profitabilität der deutschen Geldhäuser. Die Cost-Income-Ratio verschlechterte sich weiter und liegt nun wieder bei über 70 Prozent. Damit bilden die deutschen Banken das Schlusslicht in Europa. „Trotz einer stabilen Ertragsentwicklung auch im Pandemiejahr 2020 bekommen die deutschen Banken ihre Kosten nicht nachhaltig in den Griff“, resümiert Chikova. Zumindest beim Gewinn pro Kunden schnitt Deutschland mit einem Rückgang von „nur“ 25 Prozent etwas besser ab als der europäische Durchschnitt (30 Prozent).
Günstiger sieht die Lage für die deutschen Banken bei den notleidenden Krediten aus. Auf Grund der positiven konjunkturellen Lage der vergangenen Jahre mussten die deutschen Institute die geringsten Vorsorgen im europäischen Vergleich bilden. Obwohl die Banken in der Krise nun ihre Rückstellungen verdoppelten, werden deutlich weniger Kreditverluste privater Haushalte als im übrigen Europa erwartet.
Neue Kunden zu gewinnen ist für die deutschen Institute seit Jahren eine Herausforderung. Das vergangene Jahr war keine Ausnahme – nur Online-Banken meldeten einen Anstieg der Kundenzahl. Traditionelle Privatkundenbanken konnten ihren Kundenstamm bestenfalls halten, aber nicht durch Neukunden ausbauen. Diese gingen lieber zur digitalen Konkurrenz.
Fazit: Banken sind Motor der Erholung
Die Pandemie hat die Entwicklung des europäischen Privatkundengeschäfts verändert. Hier sieht Chikova die Chancen im „New Normal“. „Wenn sich die europäischen Volkswirtschaften erholen, können die Banken der Motor der Erholung werden. Wie bei der letzten Finanzkrise erwarten wir, dass der europäische Bankensektor nach COVID-19 stärker und besser wird“, so die Expertin.
Über den „European Retail Banking Radar“
Seit 2007 misst die Studie die Performance europäischer Retail Banken. Für die aktuelle Auswertung wurden die Daten von 89 Privatkundenbanken – 51 Banken in Westeuropa und 38 Banken in Osteuropa – in 22 Ländern untersucht. Die Daten stammen aus offiziellen Bankunterlagen von Januar 2007 bis Dezember 2020. Konkret untersucht wurden der Ertrag pro Kunden und Mitarbeiter, der Gewinn pro Kunden, die Cost-Income-Ratio und die Kreditrisikovorsorgequote.
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