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Diesel-Abgasskandal: Schadensersatz trotz Kauf nach Kenntnis

Mönchengladbach (ots) – Auch Käufer, die nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals der ersten Generation mit dem Schummeldiesel des Motorentyps EA189 ihre Fahrzeuge in Treu und Glauben erworben haben, sollten ihre Schadensersatzansprüche auf dem Wege der Betrugshaftungsklage gegen die Volkswagen AG und ihre Tochtermarken prüfen lassen. Mittlerweile haben mehrere Gerichte bestätigt, dass der Kauf nach Kenntnis eine Betrugshaftung nicht ausschließt.

Es ist mittlerweile fast fünf Jahre her, dass die Volkswagen AG in einer Ad-hoc-Mitteilung bekanntgegeben hatte, dass in den millionenfach eingesetzten Motoren EA189 eine Software zur Prüfstandserkennung verbaut worden ist. Damit hatte der Autobauer die Abgasmanipulation zugegeben, denn auf Prüfstand wurden dadurch die Grenzwerte für Stickoxid eingehalten, im normalen Straßenverkehr allerdings nicht. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ging dementsprechend vom Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen aus und erließ am 15. Oktober 2015 als Konsequenz einen diesbezüglichen Rückruf: Fahrzeuge mit EA189-Motoren mussten demnach mit einem Software-Update nachgerüstet werden.

„Das hat aber zu weiteren Problemen für die Fahrzeugbesitzer geführt, denn das Software-Update behob die Schäden nicht, sondern sorgte für weitere Schwierigkeiten, beispielsweise einen höheren Kraftstoffverbrauch. Das hat dazu geführt, dass am 6. Oktober 2015 die erste Klage gegen VW im Diesel-Abgasskandal in Deutschland eingereicht worden ist und seither eine gigantische Welle von Betrugshaftungsklagen auf Schadensersatz gegen Volkswagen und andere Hersteller wegen der Abgasmanipulation eingesetzt hat“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ( http://www.hartung-rechtsanwaelte.de ). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Er weist auch auf eine fundamentale Veränderung im Sinne betroffener Fahrzeughalter hin, die ihren Diesel mit manipuliertem Motor erst nach Bekanntwerden des Skandals gekauft hatten. Bislang hätten sich erfolgreiche Betrugshaftungsklagen auf Fahrzeuge mit EA189-Motoren, die bis September 2015 gekauft wurden, beschränkt. „Dabei geht es um den sogenannten Sachverhalt ‚Kauf in Kenntnis‘. Käufer, die nach dem Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals ihr Fahrzeug erworben und Kenntnis von der Manipulation hatten, gingen in der Vergangenheit hin und wieder leer aus. Dies wurde damit begründet, dass sie nach der Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG am 22. September 2015 schließlich von der Manipulation gewusst hätten und daher keine Haftung begründet sei. Käufer mussten regelmäßig nachweisen, dass sie bei einem Erwerb nach Bekanntwerden des Dieselskandals keine Kenntnis von der Manipulation des konkreten Fahrzeugs hatten und das Fahrzeug ansonsten nicht erworben hätten“, beschreibt Dr. Gerrit W. Hartung den Sachverhalt.

Jetzt haben zuletzt nochmals zwei Gerichte verbraucherfreundliche Klarheit geschaffen und damit womöglich einen neuen Trend begründet. Das Landgericht Paderborn (Urteil vom 19.02.2020, Az.: VI ZR 5/20) hat VW wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung am 19. Februar 2020 verurteilt, obwohl der Kläger sein Fahrzeug erst 2016 – also nach Bekanntgabe des Abgasskandals – erworben hatte. Dieser hatte am 25. April 2016 von einem Gebrauchtwagenhändler einen Audi A5 Sportpack TDI Quattro mit dem in Frage stehenden Skandalmotor EA189 für 32.700 Euro gekauft und erhält jetzt Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB. Das sittenwidrige Verhalten habe auch noch beim Kauf des Audi im April 2016 vorgelegen und sei weder durch das Aufspielen von Software-Updates noch durch die Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 entfallen.

„Das Landgericht Paderborn bezieht sich in seiner Urteilsbegründung vor allem darauf, dass VW in seiner Mitteilung weder klargestellt habe, dass die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge hätte entzogen werden können, noch dass tatsächlich eine Manipulation vorliege. Dazu kommt, dass der Käufer nicht damit rechnen konnte, dass ihm noch im April 2016 ein vom Diesel-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug ohne jeglichen Kommentar zur Problematik verkauft wurde. Es ist für das Gericht klar, dass der Kläger beim Kauf des Audi keine ausreichenden Kenntnisse von der Manipulation am Motor hatte, um die Auswirkungen zu bewerten“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Es ist in letzter Zeit das zweite Urteil in diese verbraucherfreundliche Richtung. Kürzlich hat ebenfalls das Oberlandesgericht Koblenz (Urteil vom 05.06.2020, Az.: 8 U 1295/19) herausgestellt, dass auch Käufern, die nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals Dieselfahrzeuge der Marken des Volkswagenkonzerns gekauft haben, Schadensersatz zusteht. Für Diesel-Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung sind diese Urteile echte Meilensteine in der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung im Diesel-Abgasskandal. „Mehr und mehr wird jetzt deutlich, dass das Dieselgate um den Skandalmotor EA189 längst nicht beendet ist. Auch Käufer, die nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals ihre Fahrzeuge mit dem Motorentyp EA189 in Treu und Glauben erworben haben, sollten ihre Schadensersatzansprüche unbedingt auf dem Wege der Betrugshaftungsklage gegen die Volkswagen AG und die Tochtermarken prüfen lassen.“

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